Das Logo des Sickingen-Gymnasiums. Dunkelblaues Quadrat mit weißem Schriftzug des Schulnamens in der linken oberen Ecke. Silhouette der Burg Nanstein im Anschnitt unten rechts.

Abitur – und dann?!

Paul Merz aus dem Abiturjahrgang 2017 berichtet von seinen Erfahrungen nach dem Abitur — 18.01.2018

Die Abiturprüfungen waren geschrieben und ich damit beschäftigt, mich auf die TELC-Englischprüfung sowie eine Klausur für das Große Latinum vorzubereiten, als mir ein Brief der Schule ins Haus flatterte. Frau Schuster, die Verantwortliche für die Begabtenförderung, lud nach den mündlichen Prüfungen zu einer Veranstaltung ein, um über Chancen und Möglichkeiten von Stipendien zu informieren. Ich hatte mir im Vorfeld schon einige Gedanken über ein mögliches Stipendium gemacht und fand vor allem die fächerübergreifende Bildung und den interdisziplinären Austausch der Stipendiaten sehr reizvoll. Da ich direkt nach dem Abitur für vier Wochen nach Frankreich fahren wollte, um die DALF C1 Sprachprüfung abzulegen, verabredete ich mich kurzfristig mit Frau Schuster. Nachdem ich die Profile der Begabtenförderungswerke studiert hatte, blieben drei übrig, mit denen ich mich identifizieren konnte: die unabhängige Studienstiftung des Deutschen Volkes, das Cusanuswerk der katholischen Kirche und die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung.
Die Schule entschied, mich bei der Studienstiftung und beim Cusanuswerk vorzuschlagen, die Böll-Stiftung bietet die Möglichkeit der Selbst¬bewerbung. Frau Nussbaum-Lenninghaus, meine Religionslehrerin, war sofort bereit, mir ein Gutachten für das Cusanuswerk zu schreiben, Frau Schuster verfasste die Gutachten für die anderen beiden Förderwerke. Herr Rettig fertigte einen Bericht zu meinem außerschulischen Engagement an. Ich nutzte die Zeit meines ersten Pflegepraktikums im Mai, die Formblätter auszufüllen und die ausführlichen Lebensläufe für die Studienstiftung und das Cusanuswerk zu schreiben. Für die Böll-Stiftung ist, anstelle eines freien Lebenslaufs, ein Fragebogen auszufüllen. Bis Ende Juni hatte ich alle Unterlagen abgeschickt und brach zu einem zweimonatigen Auslandspraktikum nach Italien auf, sodass keine quälende Wartezeit entstand.
Als ich Ende August zurückkam, hatte ich bereits meine Zulassung für den Modellstudiengang MaReCuM der Universität Heidelberg erhalten und war doppelt froh, mich für die Stipendien beworben zu haben. Der genannte Studiengang ist einer der Besten in Deutschland, hat aber den Nachteil, dass die Studenten, dadurch dass sie direkt am Uniklinikum Mannheim studieren, ein wenig auf den interfachlichen Austausch, wie er an Universitäten üblich ist, verzichten müssen.
Während ich den zweiten Teil meines Pflegepraktikums absolvierte, erhielt ich Post vom Cusanuswerk, das nach Durchsicht meiner Unterlagen entschieden hatte, mich zu einem Auswahltag nach Aschaffenburg einzuladen. Nachdem ich die erste Hürde genommen hatte, brach ich mit gemischten Gefühlen am Sonntagnachmittag auf, um mich am Folgetag in aller Ruhe auf die Gespräche konzentrieren zu können. Man hatte mich vorab informiert, dass ich drei Begegnungen haben würde: eine Unterhaltung mit einem weiteren Bewerber und einem Mitglied der Geschäftsstelle, eine zweite mit einem Professor und eine dritte mit einem Pfarrer. Das erste Gespräch nahm die meiste Zeit in Anspruch. Wir redeten über Politik, meinen Lebenslauf und es gab auch ein Rollenspiel zwischen den Bewerbern. Das zweite Gespräch mit einer Professorin für Anglistik hatte offensichtlich das Ziel, zu prüfen, wie ernsthaft ich mich mit dem von mir gewählten Studienfach auseinandergesetzt hatte. Das letzte Gespräch war das für mich angenehmste: Ein Pfarrer redete mit mir über mein Leben, prägende Ereignisse, mein Weg zu Gott und meine Haltung zur Kirche. Nach gut zweieinhalb Stunden waren die Gespräche vorbei und ich fuhr wieder nach Hause. Bereits eine Woche später bekam ich Post vom Cusanuswerk, in der man mir mitteilte, dass man erfreut sei, mich in die Förderung aufzunehmen.
Kurz darauf erhielt ich einen Brief der Heinrich Böll-Stiftung, die sich nach Durchsicht der Unterlagen nicht dazu entschließen konnte, mich einzuladen; vielleicht wird hier aktives parteiliches Engagement vorausgesetzt.
So lagen nun erstmal der Studienstart und die Propädeutik vor mir. Ich erhielt jedoch gleich in der ersten Woche ein Schreiben von der Studien¬stiftung und erfuhr, dass man mich an einem Wochenende Anfang November zum Auswahlseminar nach Speyer einlädt. Ausgerechnet an dem Freitag stand bis 18.00 Uhr noch eine Chemieklausur an. Ich eilte daher direkt nach der Prüfung ziemlich platt, jedoch erwartungsvoll nach Speyer. Wir wurden in Gruppen von sechs Leuten eingeteilt, um uns näher kennenzulernen und Diskussionsrunden zu bilden. Uns erwarteten an diesem Wochenende drei Aufgaben: Zunächst hatte jeder einen Vortrag von 7 Minuten vorzubereitet, der in den Gruppen vor einem „Juror“ gehalten wurde, anschließend bestand die Aufgabe darin für weitere 13 Minuten eine Diskussion der Gruppe zu moderieren. Ich hatte mich nach meinem Praktikum auf der Palliativstation für das Thema Sterbehilfe entschieden und - wie zu erwarten - eine sehr kontroverse Diskussion ausgelöst. Danach folgten noch zwei Einzelgespräche, die den Lebens¬lauf zum Gegenstand hatten und speziell einen Aspekt davon genauer beleuchteten. So hatte ich u.a. Oper und Gesang als Hobby angegeben und das zweite Gespräch drehte sich dann hauptsächlich um die Frage nach der Aktualität von Oper.
Unabhängig von den Kontakten zur Kommission ergaben sich mit den anderen Teilnehmern viele Diskussionen und Impulse. Obwohl ich gerade einige Prüfungen hinter mir hatte und einfach gerne mal geschlafen hätte, diskutierte ich jeden Abend bis weit nach Mitternacht mir den anderen Teilnehmern. Das Wochenende war in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn und es haben sich interessante Kontakte daraus ergeben.
Zwei Wochen später erreichten mich gleich zwei erfreuliche Nachrichten. Zum einen hatte ich die Propädeutik als bester Student abgeschlossen, zum anderen erhielt ich Post von der Studienstiftung: auch sie hat mich in die Förderung aufgenommen.
Nun gilt es, sich durch regelmäßige Berichte und rege Teilnahme an den Veranstaltungen den Stipendien in der zwei Jahre andauernden Probezeit würdig zu erweisen.
Abschließend kann ich nur jedem, der die Möglichkeit bekommt, dazu raten, sich für ein Stipendium zu bewerben. Bereits im Bewerbungsverfahren kann man einiges lernen und interessante Leute treffen, zum anderen hat man die Aussicht auf interessante Veranstaltungen, Seminare, Akademien und nicht zuletzt auch eine Unterstützung was das Bestreiten des Lebensunterhalts angeht. Und eines kann ich versichern: Die Bewerbung für ein Stipendium ist weniger komplex als die für einen Medizinstudienplatz.
An dieser Stelle noch einen ganz herzlichen Dank an alle Lehrerinnen und Lehrer, die mich auf meinem Schulweg begleitet und unterstützt haben.

Anmerkung der Redaktion: Paul Merz hat im Frühjahr die Dalf-C1-Prüfung in Französisch tatsächlich bestanden. Das entspricht einem Sprachniveau, das man ansonsten zum Beispiel durch ein abgeschlossenes Studium (!) in Frankreich nachweisen könnte.