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Religionsunterricht für alle?

von Alexandra Kogler (MSS 11) — 07.05.2019

Man kennt ihn: den Religionsunterricht. Dieser begleitet viele von uns seit Anbeginn unserer schulischen Laufbahn und ist seitdem mehr oder weniger essenziell für unseren schulischen Alltag geworden. Unterteilt ist er wie folgt: Dem evangelischen sowie dem katholischen Religionsunterricht, außerdem gibt es Ethikunterricht, der zugleich Ersatzfach für Religion und Pflichtfach ist für alle, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Eigentlich ist dieses System sehr durchschaubar: Die der katholischen Konfession angehörigen Schüler/-innen besuchen den katholischen Religionsunterricht, die der evangelischen Konfession angehörigen Schüler/innen dementsprechend den evangelischen Religionsunterricht und die Schüler/-innen, welche entweder keinen, einer anderen Konfession/Religion angehören oder sich, obwohl sie offiziell einer Religion/Konfession angehören, nicht mit dem Religionsunterricht oder mit der (von ihnen einst vertretenen) Religion im allgemeinen identifizieren können, besuchen den Ethikunterricht. Dabei besteht, wenn die Lehrkraft und die Schulleitung zustimmt, auch die Möglichkeit, am regulären Religionsunterricht teilzunehmen, auch wenn man eine andere Konfession oder Religion hat oder wenn man keiner Religionsgemeinschaft angehört, was auch den Vorteil hat, dass der Unterricht in der Unter- und Mittelstufe dann vormittags stattfindet. Die Teilnahme am regulären Religionsunterricht ist möglich, da dieser allgemeinbildend sein muss und nicht „Glaubensunterricht“ sein darf. Die Frage, die sich jedoch insgesamt stellt, ist, ob dieses System wirklich optimal für alle Schüler/-innen ist.
Wie oben schon erwähnt, können all diejenigen Schüler/-innen den Ethikunterricht wählen, welche weder der katholischen noch der evangelischen Konfession angehören. Der Ethikunterricht kann dabei nicht abgewählt werden, aber es ist , wie oben schon gesagt, für alle auch möglich, am Religionsunterricht teilzunehmen, auch wenn sie keine oder eine andere Religion haben. Am Ethikunterricht können andererseits insgesamt alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit. In der letzten Zeit zum Beispiel ist die Zahl der sich in Deutschland befindenden Muslime gestiegen, so auch an deutschen Schulen. Anhand des an unserer Schule etablierten Systems, müssen diese in den Ethikunterricht, wenn sie sich nicht für den regulären Religionsunterricht entscheiden und wenn kein Islamunterricht angeboten wird, wobei es im Islam wie im Christentum verschiedene Glaubensrichtungen gibt. Inzwischen werden in Rheinland-Pfalz auch islamische Religionslehrkräfte ausgebildet und in Schulen, wo es einen großen Anteil an Muslimen gibt, wird auch Islamunterricht angeboten. Es stellt sich die Frage, ob es mehrere Arten des Religionsunterrichtes für verschiedene religiöse Überzeugungen geben sollte?
Einerseits werden mehrere Lehrkräfte benötigt, um Religionsunterrichte dieser Art zu realisieren, welche dementsprechende Qualifikationen aufweisen müssten, um die jeweilige Religion / Glaubensrichtung unterrichten zu können. Da aber generell im Moment ein Lehrermangel herrscht und zumal (falls es diese nicht schon gibt) Studienplätze eingerichtet werden müssen, um diese Qualifikationen überhaupt erlangen zu können, ist es fraglich, ob diese Art von Unterricht im Moment überhaupt flächendeckend in allen Schulen angeboten werden könnte. Außerdem muss es genügend muslimische Schülerinnen und Schüler geben oder solche, die einer anderen bestimmten Konfession / Religion angehören, wie z. B. Buddhismus oder Judentum, damit sich der Aufbau eines solchen Unterrichtes überhaupt lohnt.
Andererseits hat aber jeder Mensch das Recht darauf, seine eigenen Überzeugungen zu haben und für diese auch einzustehen, weshalb er dementsprechend auch in diese Richtung gefördert werden sollte. Ein „Religionsunterricht für alle“ würde dies natürlich tun. Außerdem darf auch ein jeder Anspruch auf die Unterrichtung seiner eigenen Religion haben, weshalb es unfair ist, dass nur die der katholischen und evangelischen Konfession angehörenden Schüler/-innen diesen bekommen.
In Hamburg ist man jedoch anderer Meinung. In den 80er Jahren ist dort ein sogenannter „dialogischer Religionsunterricht“ entstanden, welcher auch heute einmalig in Deutschland ist. Dieser ist nicht nach Konfessionen getrennt, sondern Jugendliche aller Religionen und Konfessionen werden zusammen unterrichtet und lernen gemeinsam. Ab der 9. Klasse hat man dort aber auch die Möglichkeit, in Ethik oder Philosophie umzuwählen. Diese Art des Religionsunterrichts soll die durch getrennten Religionsunterricht geförderte Separation verhindern und mehr das Gemeinsame fördern. Religiöse „Absolutheitsansprüche“ werden verhindert; stattdessen wird mehr Verständnis und Zusammenhalt für verschiedene Religionen/Konfessionen untereinander und deren Moralvorstellungen geschaffen.
Ob es besser wäre, getrennten Religionsunterricht generell abzuschaffen oder für jede religiöse Mehrheit und Konfession einen eigenen Religionsunterricht einzuführen, ist strittig. Jeder hat seine eigene Meinung dazu, weshalb es schwierig werden wird, die „optimale“ Entscheidung zu treffen. Meiner Meinung nach ist die Lösung, die in Hamburg schon seit vielen Jahren angewendet wird, bisher am effektivsten, da somit der Zusammenhalt der Religionen untereinander mehr gefördert wird. Wenn aber andererseits für jede religiöse Mehrheit und Konfession ein eigener Religionsunterricht eingeführt werden soll, dann muss dies auch wirklich in jedem Bundesland für alle Religionsgemeinschaften realisiert werden. Ansonsten entsteht erneut das Problem der Ungleichheit. Allerdings fördert meiner Meinung der getrennte Religionsunterricht die Separation der Religionen untereinander, weshalb Hamburgs Lösung (immer noch) am optimalsten scheint.

Quellen